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Halbzeitanalyse
Halbzeitanalyse
Vor mittlerweile knapp 3 Wochen habe ich Halbzeit in Blacksburg gehabt und bin nun gerade in der Hlabzeitpause aka Spring Break (Zur Spring Break wird es nochmal einen separaten Bericht geben). Zeit also, auf die letzten (heute genau) 7 Monate zurückzublicken. Ich werde dies in der Form eines Vergleiches verschiedener Punkte tun, die mir gerade so einfallen.
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Uni:
Das System nach dem hier gelehrt wird unterscheidet sich sehr deutlich vom deutschen System. Für den Maschinenbau gesprochen wird in Deutschland grundsätzlich die Theorie vermittelt, die hinter Mechanismen, etc. steckt. In den USA findet sich dagegen die Anwendung im Mittelpunkt. Die Anwendung wird in Deutschland meist eher in speziellen Vorrechenübungen erlernt und in Übungsgruppen vertieft. In den USA besteht die Vorlesung mehr oder weniger daraus. Ein weiterer gravierender Unterschied sind die Hausaufgaben: In Deutschland eigentlich eher wenig existent, haben diese hier einen etwas größeren Einfluss auf die Note (meist so 15-30 %). Allerdings sind auch nicht in jedem Fach Hausaufgaben vorgesehen. Die Endnote eines Kurses besteht an der Virginia Tech zudem aus Quizzen, die während des Unterrichts geschrieben werden, Zwischenklausuren und der eigentlichen Endklausur. In Deutschland zählt dagegen in den allerallerallermeisten Fächern nur die Note der Endklausur (andere Noten gibts ja auch nicht).
Wohnen:
Zum gleichen Preis wie in Darmstadt bekommt man wesentlich mehr Platz. Wenn ich mein Appartment mit der Wohnung, die ich in Weiterstadt hatte, vergleiche, dann würde ich sagen, dass mein eigentliches Zimmer etwa dieselbe Größe wie dort hatte (ich glaube, das waren 17,5 m²). Die Küche war in Weiterstadt etwas kleingeraten und hatte vielleicht 6 m². Mein Blacksburger Appartement besticht durch eine Küche etwa so groß wie mein Zimmer. Ähnlich sieht es beim Bad aus, allerdings ist der Unterschied nicht ganz so gravierend: In Weiterstadt etwa 5 m², in Blacksburg geschätzt das Doppelte. Pluspunkt Blacksburg: Ein Wohnzimmer mit 30-35 m². Wie gesagt: Die Miete an sich kostet mich etwa so viel wie in Weiterstadt; Heizung inklusive. Negativpunkt Blacksburg: Die amerikanische Bauweise (ein bisschen Holz, vielleicht etwas Stahl, Dämmstoff und Trockenbau - fertig ist das Haus) sorgt dafür, dass ich die Deppen (sorry, aber anders auszudrücken wäre einfach unkorrekt) des Öfteren hören kann (Alternativ: deren Fernseher).
Nebenkosten:
Ich wünsche mir schon jetzt das günstige Internet in Deutschland zurück. Wir zahlen zu zweit etwa 55 $ für eine Verbindung, die vermutlich eine schlechtere Übertragungsgeschwindigkeit hat als die DSL-Verbindung in Merkenfritz. In Weiterstadt lautete die Gleichung 1 & 1 = 19,95 € + Ärger (inkl. Telefon & -flat; haben wir hier beides nicht). Strom ist hier (~15 $-cent) billiger als in Deutschland; kein Wunder, da es weder EEG noch EEG-Umlage gibt. Allerdings ist das typische amerikanische Haushaltsgerät ein wahrer Stromfresser. Zugegebenermaßen hängt auch einiges davon ab, wie man sich verhält: Mein Mitbewohner backt sich beispielsweise ungefähr 6 mal die Woche eine Tiefkühlpizza im Backofen und jedes Wochenende eine Tiefkühl-Lasagne (die braucht auch nur 80 Minuten - und man bekommt die nicht mit einer Mahlzeit leer). Der Backofen dürfte sicherlich so 4000 Watt ziehen. Ich warte schon gespannt auf die nächste Stromrechnung. Dann muss man natürlich noch ein wenig telefonisch erreichbar sein: Ich habe dazu eine Prepaid-Karte mit 100 $ Guthaben genommen. Im Nachhinein etwas viel, denn nach 7 Monaten sind immer noch etwa 75 % des Guthabens vorhanden.
Einkaufen:
Diesen Punkt kann ich nicht so ganz vergleichen, da ich in Deutschland aufgrund des preiswerten Mensa-Essens nur sehr selten selbst gekocht habe. Man kann sich aber hier auch - entgegen aller Vorurteile - günstig gesung ernähren; solange man nicht allzuoft Paprika käuft. Allerdings findet man auch einige Sachen nicht in der Form, in der man sie in Deutschland findet: Hühnerbrühe gibts bereits fertig im TetraPak, saure Sahne gibts in der Form überhaupt nicht, sondern nur als etwas festere Sour Cream. Tiefkühlpizza schmeckt nicht ganz so gut und ist nur für höhere Preise als in Deutschland zu haben (Es sei denn man nimmt die kleinste TK-Pizza, die absolut sch***e schmeckt). Was mich etwas stört, ist der lange Weg zum Einkaufen: In Weiterstadt hatte ich einen 5-Minuten-Fußweg zum nächsten Lebensmittel-Markt, während ich in Blacksburg eine halbe bis dreiviertel Stunde mit dem Bus fahre. Gerade für verderbliche Güter nicht die beste Lösung. Das Problem liegt aber auch - zumindest teilweise - an der Wahl des Wohnortes. Übrigens: Der einzige Discounter in den USA ist ALDI. Und ALDI ist hier nicht sooo wahnsinnig weit verbreitet (trotz 1000+ Filialen).
Mobilität:
In Deutschland bin ich in den 21,x Jahren vor meinem Abflug auch ohne Auto zu annehmbaren Preisen und in einer vertretbaren Zeit mit Bus und Bahn überall dort hingekommen, wo ich hin musste oder wollte (wenn man mal Handball-Training und -Spiele außen vorlässt). Oder hätte es zumindest tun können. Das sieht hier wiederum ganz anders aus: In Blacksburg gibt es zwar ein relativ gutes Bussystem, dass mich an etliche Plätze in der Stadt bringt. Aber halt auch nicht viel weiter. Bahnfahren ist extrem teuer (wenn man den Amtrak-Service mit dem unsubventionierten DB Fernverkehr vergleicht). Und Fernbusse sind nicht allzu of eine echte Alternative. Was ich sagen will: Zum amerikanischen Freiheitsgefühl braucht man einfach ein Auto.
Noch zwei Sachen zum Autofahren: Die Ampeln hängen hier auf der anderen Seite der Kreuzung oder quer darüber. Sehr praktisch, da man die Ampel ohne Verrenkungen sehen kann. Zweitens: Es gibt kein Rechts vor Links. Wer zuerst an einer "4-Way-Stop"-Kreuzung ankommt fährt zuerst. Achso und dann noch drittens: Es gibt Tempolimits, die viel zu niedrig angesetzt sind und ein schnelles Vorankommen verhindern. Das maximalste, was man außerhalb Texas (Bayern der USA) fahren kann, sind 75 mph (120 km/h). Und das ist leider zu selten.
Alkohol:
Das Mindestalter für Alkoholkonsum (21 Jahre) hat mich in den USA eher periphär tangiert. Wie in Deutschland auch trinkt man aber auch in den USA schon früher. Der Unterschied besteht aber darin, dass man in Deutschland dafür mit 14 auf irgendeinen Dorf-Diskoabend geht. In den USA geht man mit 18 auf eine Hausparty. Und dann ist da ja noch das Bier: Das schmeckt erstens nicht so gut wie deutsches Bier (Reinheitsgewasbitte?). Außerdem bereitet es mehr Kopfschmerzen (wohl mehr Fuselöle). Schnaps bekommt man übrigens hier nicht im Supermarkt oder an der Tanke um die Ecke sondern in speziellen Liquor Stores. Alkohol in der Öffentlichkeit ist übrigens verpönt (solange man nicht fürs nächste Football-Spiel in speziellen Zonen vorglüht) und wird genau wie Trunkenheit in der Öffentlichkeit (sofern man diese ziemlich offensichtlich darbietet) polizeilich bestraft. Namens- und Vergehensveröffentlichung in der Presse inklusive.
Was ich toll finde:
Blacksburg an sich. Eine nette, kleine Stadt "in the middle of nowhere". Man findet hier den besten Burger der Welt (also zumindest des Bereiches der Welt, den ich schon gesehen habe). Außerdem ist der Campus sehr schön und wird relativ gut gepflegt. Ein nette Randbegebenheit ist die Tatsache, dass (nahezu) alle Gebäude im charakteristischen Hokie-Stone gebaut sind (also eigentlich sind sie nur damit verkleidet). In dieser Hinsicht ist auch recht gut, dass hier alles relativ weitläufig ist: Während ein deutscher Campus oftmals dichtgedrängt wirkt, hat man in Blacksburg dieses Gefühl eher nicht. Allerdings ist das wohl kaum stellvertretend für amerikanische Campi. Zumindest in Chicago war die Situation aber ähnlich.
Außerdem stellt sich oftmals das Parkplatz-Problem nicht. Es gibt einfach so dermaßen riesige Parkplätze, die man in Deutschland vielleicht gerade mal vom IKEA kennt. Mit dem Unterschied, dass diese Riesen-Parkplätze in den USA omnipräsent sind.
Was ich vermisse:
Handball! Bedarf eigentlich keiner weiteren Erklärung, aber ich freu mich schon jetzt wieder riesig darauf, selsbt spielen zu dürfen (Das Können war ja schon immer so eine Sache) und darauf, eventuell auch wieder Hallensprecher machen zu dürfen.
Die (Deutsche) Bahn und den ÖPNV im Allgemeinen. Wir haben uns gemocht, oftmals aber auch gehasst. Ich habe Verspätungen in der Höhe von 66 % meiner Gesamtreisezeit erlebt, aber trotzdem mag ich den deutschen ÖPNV irgendwie. Zumindest in fahrzeugtechnischer Hinsicht. Es gibt halt fast nichts geileres, als mit 300 km/h im ICE 3 über die Hallerbachtalbrücke zu fahren (Nicht umsonst hat diese den Spitznamen "Schnellste Achterbahn der Welt").
Deutsches Essen. Gute, deutsche Leberwurst, frisches Mett. Es gibt einfach zu viel, was man hier nicht oder nur sehr schwer bekommen kann.
Und - last but not least - am allerwichtigsten: Familie, Freunde, Verwandte und Bekannte. Ich freue mich riesig, euch alle in etwas mehr als fünfeinhalb Monaten wieder zu sehen; mit euch zu lachen, scherzen, feiern, wasauchimmer!
Das bringt mich auch "schon" zum Ende! Vielen Dank fürs lesen, viele Grüße aus Miami und bis "bald"!
Christoph
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